Margot Ende

Margot Ende

Art to be touched: MD and artist Margot Ende created pictures to be touched by blind people and give them access to art.

Von Sabine Schiner

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In der Ausstellung liegen die Bilder auf den Tischen, mit den Händen ertasten die Besucher die Konturen und Reliefs. Die Idee von der Kunst zum Anfassen hatte die Kölner Ärztin Margot Ende vor einigen Jahren.

Für ihr Projekt “Malerei als Interaktion zwischen sehenden und Blinden” bekam Dr. Margot Ende den Oskar-Kuhn-Preis der Bleib Gesund Stiftung. Fotos: BG-Stiftung

“Der Mensch hat mich so sehr interessiert, deshalb habe ich Medizin studiert”, sagt die aus der Schweiz stammende Künstlerin im Gespräch mit der “Ärzte Zeitung”. Über drei Jahrzehnte hat sie als Ärztin und Kinderchirurgin gearbeitet.

Gezeichnet und gemalt hat sie schon als Kind. Seit 15 Jahren ist nun die Kunst ihre Berufung. In dieser Zeit entstanden Akt- und Blumenbilder, abstrakte Gemälde und sozial engagierte Malereien, die Themen wie Aids und Gentechnik zum Inhalt haben.

Briefwechsel in der Braille-Schrift

Bilder zum Tasten: Eine spezielle Technik macht Kunst für Blinde erfahrbar.

Irgendwann begann sie, sich für das Punktschriftalphabet zu interessieren. “Ich habe in meinem Medizinstudium viel über die Ursachen von Blindheit gelernt, aber nichts über den blinden Menschen.” Sie gab in einer Blindenzeitschrift ein Inserat auf, begann einen Briefwechsel in der Braille-Schrift mit Blinden und Sehbehinderten.

“Es kamen massenhaft Zuschriften”, sagt Ende. “Dabei habe ich erfahren, daß eines der Hauptprobleme der Blinden die Sehenden sind. Viele fühlen sich von den Sehenden unterschätzt, nicht für voll genommen, gegängelt.” Die Schilderungen der Blinden gingen ihr unter die Haut. “Ich wollte etwas unternehmen”, sagt Ende.

Die Malerin machte sich ihr Publikum zu Nutze. “Zuerst versuchte ich, Bilder tastbar zu machen, indem ich mit Nadelstichen die Linien entlang stach”, erinnert sie sich. Später benutzte sie spezielles Papier, das auch im Unterricht von Blinden verwendet wird. “Wenn man auf dieses Papier schwarze Linien und Flächen bringt und das Papier erhitzt, nimmt die Farbe mehr Hitze auf, das Papier quillt auf”, beschreibt Ende.

Damit hatte sie eine geeignete Methode für ihre tastbaren Bilder gefunden. Anfangs entstanden nur schwarzweiß Bilder, später arbeitete sie auch mit Farben.

Seit 1992 stellt Ende ihre Tastbilder aus. In diesem Sommer wurde ihr Projekt “Malerei als Interaktion zwischen Sehenden und Blinden” mit dem Oskar-Kuhn-Preis der Bleib Gesund Stiftung in Bad Homburg ausgezeichnet.

Tonbandkassetten für den Ausstellungs-Rundgang

Die Ärztin will sich jedoch nicht auf diese Art von Kunst festlegen, deshalb zeigt sie in jeder Ausstellung auch ganz andere Bilder. “Ich will nicht als Blinden-Malerin abgestempelt werden”, sagt Ende. “Mein Ziel ist, nicht nur Blinden Malerei zugängig zu machen. Ich möchte auch Sehende und Blinde in Kontakt bringen.”

Für die Sehenden liegen Brillen aus, die die unterschiedlichen Grade von Sehbehinderungen simulieren. Und in allen Ausstellungen gibt es Merkblätter und Infos zum Thema. Ende bespricht zudem Tonbandkassetten, die die Besucher von Bild zu Bild führen. Zusammen mit der ertasteten Wahrnehmung können sich Blinde so ein ganz persönliches Bild der Kunstwerke machen. “Es beginnt mit ganz einfachen Bildern und wird dann immer komplexer.”